Killing God by dtv

Killing God by dtv

Autor:dtv
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Kinder- und Jugendbücher/Jugendbücher ab 12 Jahre
Herausgeber: dtv


(i can see

that you and me

live our lives in the pouring rain)

»Was ist das da?«, fragt Mel stirnrunzelnd, während sie sich in meinem Zimmer umsieht.

»Was?«

»Auf dem Boden … unterm Fenster.«

Mir rutscht das Herz in die Hose, als ich merke, wohin sie schaut. Ich meine, ist zwar egal … nicht wichtig. Bloß dass ich vorhin, als ich überlegt hab, wie ich Gott umbringen soll, ja auf die Lösung (oder eine Lösung) gekommen bin, sämtliche Bibeln der Welt zu zerstören, was natürlich unmöglich ist … na ja, und da dachte ich eben: Okay, ich kann ja trotzdem mal anfangen, oder? Also hab ich meine zwei Bibeln auf ein dünn mit Paraffin eingestrichenes Backblech gelegt, das Blech auf den Boden unters Fenster gestellt und das Ganze angezündet.

Die beiden Bibeln haben aber nicht richtig gebrannt. Ständig musste ich in den Seiten rumstochern, damit das Feuer weiterbrannte, aber selbst dann hab ich’s noch ungefähr eine Million Mal neu anzünden müssen. Und obwohl ich das Fenster aufgemacht hatte, hat der Rauch mein ganzes Zimmer vollgestunken. Doch am Ende hatte ich zumindest das, was ich wollte – zwei Exbibeln, die total verkokelt und unlesbar waren.

Asche zu Asche.

Staub zu Staub.

Und das ist es, was Mel (und auch Taylor) jetzt anstarrt – einen Haufen verbranntes Papier auf einem Backblech am Boden unter dem Fenster.

»Ach, nichts«, erklär ich. »Bloß … bloß ein bisschen Papier.«

»Papier?«, fragt Taylor und sieht mich an wie eine Geisteskranke. »Was denn für Papier?«

»Papier eben.« Ich zuck mit den Schultern (und mir ist klar, dass das eine ziemlich armselige Antwort ist, aber ich weiß nicht, was ich sonst sagen soll).

Taylor starrt mich einen Moment an, dann wirft sie mir so einen Blick zu nach dem Motto: »Wie scheiße bist du denn drauf?« – sie schließt kurz die Augen und schüttelt langsam den Kopf –, und ich fühl mich ganz komisch und verlegen und frag mich, wieso. Verdammt, warum kümmert mich, was Taylor und Mel von mir denken? Es war mir doch immer egal, was andere von mir halten. Bis jetzt war ich doch ganz zufrieden mit meiner Nicht-Dazugehörigkeit, meiner Loserhaftigkeit, meiner komischen Trauerkloß-Mädchen-Pummeligkeit.

Oder?

»Tja, musst du wissen«, sagt Taylor und fährt mit der Hand in Mels Tragetüte. »Wer will was trinken?«

Sie zieht eine Flasche Wodka raus, öffnet sie und nimmt einen Schluck. »Wo sind die Gläser?«, fragt sie und schaut sich um.

Mel gibt ihr zwei der drei 0,3-Liter-Humpen, die ich aus der Küche mit raufgebracht hab (und ich frag mich noch immer, wieso sie auf drei bestanden haben, obwohl ich doch gesagt hab, ich brauch keins), Taylor schenkt in beide ein paar Zentimeter hoch Wodka ein und reicht das eine Glas Mel.

Als Mel einen Schluck trinkt, merk ich plötzlich, wie hypersuperbewusst ich mir über mich selbst bin – wie ich dasitze, sie ansehe, betrachte, mustere. Da sitzen sie beide in ihrer hautengen, miniröckigen, nackte-Haut-blitzen-lassenden Girliehaftigkeit, schlucken ihren Wodka aus den Humpen … und alles scheint so weit weg von mir – als ob es hier wär und doch nicht hier. Sondern hundert Millionen Kilometer entfernt. Aber gleichzeitig ist es unglaublich nah.



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